Donnerstag, 25. Juni 2015

Gas geben im Endspurt

„Keine Zukunft vermag gutzumachen, was du in der Gegenwart versäumst.“

Ich glaube, dass die Menschen nicht so sehr die Elaete in Erinnerung behalten werden, die ich am Anfang gewesen bin, sondern die Elaete, wie sie Soroti wieder verlässt. Da ich gerne als engagierte, tatkräftige und motivierte junge Frau in Erinnerung behalten werden möchte, habe ich mir für die letzten zwei Monate noch ein paar Aktionen vorgenommen.

Mountain Moroto
An jedem ersten Freitag im Monat findet bei TASO (The AIDS Support Organisation) eine Jugend-Klinik statt, wo jedes Mal um die 100 Jugendliche erscheinen. Für die letzte Klinik habe ich mir überlegt, ein HIV/AIDS-Quiz durchzuführen, um das Wissen über ihre Krankheit auf den Prüfstand zu setzten. Wir spielten Mädchen gegen Jungs, wobei die Mädchen am Ende gewannen und alle Slipeinlagen zur Belohnung bekamen (für die Jungs gab es natürlich etwas anderes).

Im Mädcheninternat gibt es am 4. Juli einen Besucher-Tag für die Eltern. Dort möchten wir mit unserem „Deutsch-Club“ gerne zwei deutsche Lieder aufführen („Gottes Liebe ist so wunderbar“ und „Laudato si“). Für dieses Event sind wir gerade fleißig am Proben.

Um sicher zu gehen, dass ich auch wirklich einen Studienplatz bekomme, habe ich mich bei 18 verschiedenen Universitäten beworben. Sicher ist sicher.


Letztes Wochenende habe ich mich auf den Weg in das Land der Karamojong gemacht. Der Trip hat sich allein schon aufgrund der atemberaubenden Landschaft gelohnt. Glücklicherweise hatte ich auf der Hinfahrt eine Mitfahrmöglichkeit bei Peter, der für Unicef arbeitet. Die Straße nach Moroto ist nämlich alles andere als eine gemütliche Bummelfahrt. Viele schwere Fahrzeuge blieben im Matsch und Schlick stecken und blockierten die Straße.

Als wir in Moroto reingefahren sind, hielt ich die vielen versammelten Menschen für den Wochenmarkt. Peter klärte mich auf, dass es sich dabei um eine Essenverteilung vom World Food Programme (WFP) handelte. Über 80% der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Die Essensknappheit und Armut sind sehr präsent und leider wird oft versucht, den Hunger mit Alkohol wegzuschwemmen. Das Volk der Karamojong ähnelt kulturell den angrenzenden Massai: große bunte Ketten, karierte/gestreifte Gewänder, große Ohrringe etc..Außerdem ist die Region für Viehdiebstähle, bewaffnete Krieger, die hohe Analphabetenrate und einer großen Anzahl von Kühen und Rindern bekannt. Das Entwaffnungsprogramm der Regierung zeigt jedoch Fortschritte, wodurch die Region seit 2011 normalerweise sicher ist.
In Moroto übernachtete ich zwei Nächte bei Fr. Paul, einem ehemaligen Schulfreund von Fr. Francis. Der Priestanwärter Dominik hat mich auf dem Motorrad mitgenommen und mir die Dörfer um Moroto gezeigt. Es war unglaublich interessant und mit meinen Ateso-Kenntnissen konnte ich mich sogar mit den Menschen etwas verständigen.


Nachmittags hatte ich mir vorgenommen, das Karamoja-Kulturzentrum zu besichtigen. Auf dem Weg schlossen sich mir einige Kinder an, die mir Gesellschaft leisteten. Ein Junge namens Isaac hat mich besonders beeindruckt. Selten habe ich einen so reifen und intelligenten sieben-Jährigen getroffen. Anders als gewohnt, wollten die Kids weder Süßigkeiten noch Geld, sondern mich einfach auf meinem Weg begleiten. Endlich beim Museum angekommen, mussten wir ernüchternd feststellen, dass es geschlossen war. Das war nun jedoch nicht weiter schlimm – auf dem Weg habe ich viel mehr über die Kultur Karamojas gelernt, als es mir dieses Museum vielleicht hätte zeigen können.

Isaac hat mir sein Dorf gezeigt und mir seine Familie vorgestellt, mit denen ich über vieles reden konnte. Die Offenheit der Menschen hat mich wirklich überrascht. Sonntags traf ich nach der Morgenmesse Charlotte - eine deutsche Freiwillige, die in Moroto lebt. Danach war meine Zeit in Karamoja auch schon vorbei und ich fuhr mit Fr. Paul und Dominik in Richtung Soroti zurück.

Nun bleibt mir nur noch ein Monat in Soroti. Noch so viel vor, doch die Zeit ist gegen mich!
Father Paul und ich auf dem Rückweg
Heute kam überraschenderweise ein Paket mit vielen schönen Sachen von meiner Mama an. Über die Kellogs habe ich mich wohl am Meisten gefreut, denn eine solche Packung kostet hier umgerechnet 10€. Eyalama noi, totoka! Amina eong ijo

Mittwoch, 3. Juni 2015

Mama und Papa schauen nach dem Rechten!

"Nichts lässt uns so sehr auf ein Wiedersehen hoffen, wie der Augenblick des Abschieds." 

Völlig erschöpft liege ich gerade in meinem Bett und zerre an meinen letzten Kräften, um über die ereignissreichen letzten Tage nachzudenken. Während meine Eltern schon heute Morgen in Deutschland gelandet sind, brauchte ich ungefähr doppelt so lange, um von Entebbe in meine zweite Heimat zurückzukehren. Aber jetzt mal ganz von Anfang:

Nach 248 Tagen in Uganda ist es endlich soweit – Endlich kann ich meine Eltern wieder in die Arme schließen. Nach diesen emotionalen Momenten machen wir uns am nächsten Morgen mit dem Bus auf die siebenstündige Reise nach Soroti. Die Beiden scheinen von den ganzen Eindrücken völlig fasziniert zu sein. Auch wenn sich die Straßenverhältnisse und öffentlichen Verkehrmittel sehr von denen in Deutschland unterscheiden, beschweren sich meine Etern kaum.

In Papas Armen fühlt sich Ivan sichtlich wohl.
Mama macht sich sogar nützlich und füttert Anna.
Angekommen in Soroti werden erstmal zahlreiche Geschenke ausgepackt und ich kann endlich allen meine Eltern vorstellen. Die nächsten Tage verbringen wir damit, im Café zu plaudern, meine Projekte anzuschauen und die Stadt zu erkunden. Während ich mittlerweile an so ziemlich alles gewöhnt bin, ist für meine Eltern so vieles neu. Doch sie arrangieren sich mit allem.
Auch die Vorstellung in der Sonntagsmesse meistern meine Eltern mit Bravour. Und das Ganze sogar in Ateso: alle sind begeistert!


Mama und ich fahren auf einem Boda-Boda
(Motorradtaxi) durch die Landschaft Sorotis
Es ist ziemlich ungewohnt, mir wieder anhören zu müssen, was ich zu tun und zu lassen habe. In solchen Momenten freue ich mich unwahrscheinlich auf die Freiheiten meines kommendenden Studentenlebens. Außerdem sind viele Ugander/-innen zu höflich, um mich zu kritisieren. Damit haben meine Eltern jedoch kein Problem - meine Schule seien total durchgelaufen und gehören in den Müll, ich solle mir öfter die Zähne putzen, gerade sitzen und aufhören, an meinen Mückenstichen zu kratzen. Zugegeben: Vieles davon ist sicherlich gerechtfertigt. 
Und obwohl ich von ihrem frühen Aufstehen sehr genervt bin (7 Uhr, trotz Urlaubs!) schätze ich mich sehr glücklich, dass die beiden die lange Reise in Kauf genommen haben. Endlich kann ich ihnen ganz viel erzählen, ohne von Verbindungsproblemen gestört zu werden.

Nachdem sie alles in Soroti gesehen haben, machen wir noch einen Zwischenstopp bei Louisa in Kumi, um uns dort die naheliegenden Höhenmalereien anzuschauen. Weiter geht es nach Jinja, wo Teil 1 der Souvenir-Einkäufe stattfindet. Die Verkäuferinnen zeigen sich sehr dankbar für Mamas Kaufrausch; in Papas Portemonnaie herrscht nach kurzer Zeit jedoch gähnende Leere. Ab zur Bank und weiter zum Rafting!




Rafting auf dem Nil war für mich das absolute Highlight unserer Tour. Dieses Abenteuer ist sicherlich nichts für schwache Nerven. Wenn das Boot erstmal gekentert ist (was relativ häufig passiert), ziehen die Wellen und die reißende Strömung einen immer wieder unter das Wasser, wobei man manchmal ziemlich lange die Luft anhalten muss, bevor sich wieder eine kurze Möglichkeit zum Atmen ergibt. Obwohl ich ein ziemlicher Angsthase bin und teilweise auch befürchtete zu ertrinken, hat das Rafting richtig Spaß gemacht!



Daraufhin fahren wir weiter nach Kampala, wo (zur großen Freude Papas) Teil 2 der Shopping-Tour stattfindet. Danach sehnen wir drei uns nach etwas Entspannung und Ruhe, weshalb wir uns mit der Fähre auf den Weg auf die friedliche Insel Bugala machen. Der Kapitän des Schiffes freute sich so sehr über unser Kommen, dass Mama und Papa die Suite auf seiner Hotelanlage zugewiesen bekommen. Bei wunderschönen Sonnenuntergängen mit kalten Bier kommt endlich richtig Urlaubsstimmung auf. Nach diesem schönen Ausklang machen sich meine Eltern unglücklicherweise schon wieder auf den Rückflug.



Und so liege ich jetzt in meinem Bett und denke an die schöne Zeit zurück, die viel zu schnell verging. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie keine Mühen gescheut haben, um mich zu besuchen. Zurück in Deutschland werden sie so sicherlich besser nachvollziehen können, was ich erlebt habe.


Was mich grade sonst noch so beschäftigt:
  • Meine totgeglaubte Mausi ist wiedergekehrt und hat sich gestern in mein Bett gekuschelt. Dafür war ich leider nicht in Stimmung. Zwar hat mich die Maus ziemlich erschreckt, doch  war ich einfach nur froh, dass es keine Ratte ist. 
  • Nach nur einem Monat in Uganda habe ich mein gesamtes Sportprogramm und die guten Vorsätze in Sachen Ernährung über Bord geworfen. Die Folgen waren absehbar: gute 7kg habe ich in den folgenden sieben Monaten dazugewonnen. Doch damit hatte ich gerechnet und den klaren Plan gefasst, in den letzten zwei Monaten die guten Vorsätze wieder auf's Bord zu holen. Jogging bei ugandischem Sonnenschein, vielen neugierigen Blicken und teilweise auch einer Horde Kinder, die sich mit mir messen wollen, erweist sich als ziemlich beschwerlich.
  • Am Sonntag wurde ich von einer Freundin zum Jugendprogram eines Radiosenders eingeladen und durfte den ganzen Nachmittag über das Thema "Freizeitgestaltung" philosophieren.
  • Ich bereue es etwas, dass ich es im letzten Jahr versäumt habe, mich für das Studium zu bewerben (die Abi-Tour und der Abiurlaub haben mich einfach zu sehr beschäftigt). Zwar läuft das Meiste online ab, doch vieles muss ich auch postalisch zusenden. Wenn ich berücksichtige, dass die ugandische Post es nicht unbedingt eilig hat, könnte es gut sein, dass ich den Bewerbungsschluss verpasse. Daher möchte ich mich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank an meinen Papa aussprechen, der für mich alles ausdruckt und verschickt!
Eure Elaete