Samstag, 25. Juli 2015

Lichtblick

"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderem zu unterscheiden." (Friedrich C. Oetinger)

Die letzen Tage werden mir jedoch nicht gerade leicht gemacht. Ich habe mir eine bakterielle Infektion eingefangen. Letzte Woche hat mich eine Ratte auf meinem Schreibtisch aus meinen Träumen gerissen. Wenige Nächte später hatte ich wieder eine Ratte in meinem Moskitonetz. "Aus Versehen" wurde mein Huhn geschlachtet und zum Mittagessen zubereitet. Und zu allem Überfluss wurde ich nach einem langen Bewerbungsprozess für ein Stipendium abgelehnt.
Aber das ganze Übel löst sich in Nichts auf, wenn ich daran denke, bald wieder zu Hause zu sein.

In diesem Post möchte ich jedoch über ein Projekt berichten, was mich die letzten zwei Wochen intensiv beschäftigt hat. Dank großzügiger Spenden der KLJB Vrees und meiner Familie konnten wir drei AIDS-Waisen materiell unterstützen. Mit einer Arbeitskollegin bin ich zu drei Kindern der Kinderklink von TASO gefahren und habe zusammen mit Agnes ihre Lebenssituation angeschaut und mit der Familie über Probleme, Wünsche, Sorgen und Träume gesprochen.

Die Geschichte von Isa und John*


Während meiner Arbeit in der Kinder-Klinik der AIDS-Organisation TASO traf ich auf den füfzehnjährigen Isa und den elfjährigen John. Besonders John fiel mir dabei durch seine Unterernährung und die von Wunden übersäte Haut auf. Ihre Mutter ist vor zehn Jahren an AIDS verstorben. Zu der Zeit war John gerade einmal sechs Monate alt, sodass der fünfjährige Isa nun die Verantwortung für seinen kleinen Bruder tragen musste, während der Vater als Kurzzeitarbeiter auf dem Bau Geld verdiente. Durch das Babysitten musste Isa zwei Jahre lang auf die Schule verzichten. Der Vater musste gleichzeitig auch die Mutter-Rolle übernehmen.

John mit seiner neuen Schultasche.
Zuvor trug er eine Plastiktüte zur Schule.
Heute gehen beide Jungs zur Grundschule, wobei der Schulweg einige Kilometer beträgt. In den Schulferien gehen die beiden Jungs arbeiten, um sich die Schulmaterialien wie Bücher, Stifte, Uniform etc. durch Mithilfe in anderer Gärten zu verdienen. Den Beiden ist die Bedeutung von Bildung sehr bewusst. Später möchte Isa gerne Arzt werden und John Bank-Manager. Was mich am Meisten mitgenommen hat, ist die Tatsache, dass die Jungs weder Frühstück noch Mittagessen haben können. Abends bringt eine Tante etwas Essen vorbei. Durch ihre Krankheit müssten beide eigentlich morgens und abends Medikamente nehmen. John erzählt mir, dass er das gerne tun würde, jedoch, ohne Essen im Magen, die starken Medikamente ihn wirr und benommen machen.
Zwar weist Agnes auf die enorme Wichtigkeit von regelmäßigen und gesunden Mahlzeiten für HIV-infizierte Kinder hin - aber wie soll ein Vater dies bewältigen, wenn ihm das Geld dafür fehlt?

Mein größter Wunsch ist, dass die beiden nicht für ihre Schulbildung kämpfen müssen, sondern sich vor Allem auf ihre Leistungen konzentrieren können. Dass ihre Träume in Erfüllung gehen werden und ihre Krankheit kein Hinderniss für sie darstellt. Dass ihnen jeden Tag ausreichend Essen zur Verfügung steht. 

Die Geschichte von Apio Sarah


Die dreizehnjährige Apio wohnt in einem kleinen Vorort von Soroti. Ihr Vater ist gestorben, als sie noch ein kleines Baby war. Ihre Mutter ist vor zwei Jahren verstorben. Beide an den Folgen von AIDS. Seitdem kümmert sich eine Tante um das kleine Mädchen und ihren größeren Bruder.

Essen im Dorf

Apios Lieblingsfach in der Schule ist Englisch. Ihr Berufswunsch steht schon lange fest: Krankenschwester. Sie möchte kranken Menschen helfen, sich um sie kümmern und sie gesund pflegen. Das nächste Jahr ist ihr Abschlussjahr in der Grundschule.

Ich frage, was sie sich am Meisten wünscht – "Schuhe für die Schule". Die Tante zeigt sich überglücklich über unser Kommen und den Wusch, Apio zu unterstützen. Sie erzählt Agnes, dass am vorherigen Abend noch Streitigkeiten und Diskussionen über die Beschaffung der Schulmaterialien stattfanden. Apio braucht dringend neue Bücher für die Schule - doch was soll die Tante tun, wenn kein Geld zur Verfügung steht?
Fr. Paul segnet das neue Fahrrad
Die Gastfreundlichkeit und Dankbarkeit der Familie überstieg meine Erwartungen bei Weitem. Zum Abschied begleitete uns die gesamte Familie zur Straße und überreichte mir ein wunderschönes Huhn (in der ugandischen Tradition ist es üblich, Gästen als Zeichen der Dankbarkeit ein Huhn zuzubereiten oder zu verschenken).

Ich bin sehr froh, dass Agnes mich bei der gesamten Umsetzung begleitet hat. Ohne sie wäre es auch gar nicht möglich gewesen, da meine Kumam- und Ateso-Kenntnisse für solch intensive Gespräche defintiv nicht ausgereicht hätten. Zwar haben wir nicht die Welt gerettet, aber "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen". Deshalb finde ich es wichtig, dass wir alle zusammenhalten und Solidarität für unsere Mitmenschen zeigen. Jedoch nicht ohne den Sinn, Nutzen und die Nachhaltigkeit der Spende zu reflektieren.

Neben Fahrrädern und Schulmaterialen wurden durch die Spendengelder auch Schulgelder bezahlt.

*alle Namen geändert 

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